Immer mehr Obdachlose erbitten warmes Essen

Zahl der Besucher im Tagesaufenthalt an der Ehnernstrassesteigt - Diakonie sucht Spender für Mittagstisch

 Der Tagesaufenthalt bietet Wohnungslosen eine wichtige Anlaufstelle. Das Geld für das Mittagesssen reicht nicht mehr.

von Oliver Bloch

Das warme Mittagessen ist oft ihre einzige Mahlzeit. Und immer mehr Wohnungslose in Oldenburg sind auf das Angebot im Tagesaufenthalt der Diakonie an der Ehnernstraße angewiesen. „In Spitzenzeiten geht es bei uns zu wie auf einem Bahnhof“, beschreibt Sozialarbeiterin Reinhild Hagedorn die aktuelle Situation.

Sie nennt Zahlen, die alarmieren. Waren es 2012 noch 618 Besucher, wuchs die Zahl in den vergangenen zwei Jahren um 25 Prozent auf 781. „So viele hatten wir noch nie, die Tendenz steigt“, sagt Hagedorn. 2014 wurden 9689 warme Mahlzeiten ausgegeben. Das macht rund 40 Essen am Tag. Da es sich nicht um ein sogenanntes Regelangebot handelt, wird es nicht von öffentlichen Stellen finanziert. Bislang unterstützten Diakonie, Kirchengemeinden und Spender das Projekt „Volle Teller“. 

„Doch das Geld reicht nicht mehr“, berichtet Diakonie-Vorstand Thomas Feld. Um den Mittagstisch weiterhin anbieten zu können, sucht die Diakonie Spender. Einen Beitrag von 2,50 Euro leisten die Wohnungslosen selbst. „Die Zusammensetzung und die Auswahl der Mahlzeiten ist dem Leben auf der Straße angepasst: eher deftig und kalorienreich“, so Hagedorn. 

Neben der Linderung der Not nimmt die Diakonie die Ursachen in den Blick. Die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt führe dazu, dass steigende Mieten und Nebenkosten oft nicht mehr bezahlt werden können. So hätten zum Beispiel Alleinerziehende immer größere Schwierigkeiten, kostengünstigen Wohnraum zu finden. Hinzu kommt laut Feld der vermehrte Zuzug von Arbeitskräften aus Osteuropa: „Auch sie tauchen bei uns auf.“

Das gilt ebenfalls für Menschen, die durch Trennung, den Verlust des Arbeitsplatzes oder eine Suchterkrankung ihre Wohnung verlieren. „Obdachlosigkeit kann jeden treffen, man sieht es den Menschen oft nicht an“, bemerkt Kreisdiakoniepfarrerin Anja Kramer. Der Tagesaufenthalt sei eine niedrigschwellige Anlaufstelle zur Betreuung und Versorgung. Sogar rund 100 Kinder und Jugendliche in Oldenburg sind laut Diakonie wohnungslos. 

„Das macht uns große Sorgen“, sagt Feld: „Das Wohnungsproblem ist zwar in Oldenburg erkannt, aber politisches Engagement in der Sache bleibt wichtig.“ Genauso wie der Tagesaufenthalt. Er besteht seit 27 Jahren, doch der Bedarf war offenbar nie so groß wie heute. 


     www.dw-ol.de  

Inhaltsverzeichnis
Nach oben