E-Mail-Adresse, Facebook-Profile, Web-Guthabenkonten: An vielen Stellen kann ein Verstorbener Spuren und auch Geld im Internet hinterlassen haben. Die Recherche ist aber für Angehörige oft schwierig.
Unsichtbar, nicht greifbar, versteckt, verborgen: das digitale Erbe.
"Angehörige sind erst einmal in der Situation: Sie wissen nicht, wo überhaupt der Verstorbene unterwegs war im Internet, wo er Nutzerkonten angelegt hat, wo Werte und Guthaben verborgen sind."
Birgit Janetzky aus dem südbadischen Denzlingen ist Theologin - und hat sich einer delikaten Aufgabe verschrieben: Im Auftrag der Angehörigen das digitale Erbe von Verstorbenen aufzuspüren. Kein einfacher Job: Denn die wenigsten hinterlassen schriftliche Aufzeichnungen über E-Mail-Konten, Profile in sozialen Netzwerken oder gar bestehende Guthaben bei Internetbezahldiensten wie Paypal.
"Dann besteht die Möglichkeit bei uns, dass wir die Festplatte analysieren, dass wir die Spuren im Internet feststellen können. Und dann hat man einen Überblick."
Sich einen Überblick verschaffen über die Analyse der Festplatte eines Verstorbenen: Diese Option steht allerdings nicht allen Angehörigen, sondern nur den rechtmäßigen Erben offen, betont Susanne Demel, Expertin beim Branchenverband Bitkom in Berlin:
"Also grundsätzlich ist es so, dass die Erben eben auch Zugriffe auf den PC und auf die Speichermedien des Verstorbenen haben und eben auch auf seine Profile."
Liegt erst einmal ein Überblick über alle Profile, E-Mail-Konten, Guthaben und digitale Zahlungsverpflichtungen vor, beispielsweise bei Ebay-Kunden, beginnt die eigentliche Arbeit. Birgit Janetzky schreibt alle Provider an.
"In der Regel verlangen die einen Nachweis mit Sterbeurkunde und Erbschein, dass man auch berechtigt ist, das zu bekommen."
Problematisch wird es bei Informationen über E-Mail-Konten. Sind Mails bereits auf dem Rechner des Verstorbenen heruntergeladen, haben die Angehörigen auch Zugriff auf die Inhalte. Anders sieht es dagegen bei jenen Mails aus, die noch nicht abgerufen wurden und beim Provider gespeichert sind. Darauf haben die Angehörigen in der Regel keinen Zugriff.
"Da geht es auch um die Persönlichkeitsrechte derer, die die Mails geschickt haben. Da gibt es momentan sehr spannende rechtliche Fragestellungen unter den Juristen."
Zugespitzt geht es darum, dass der Absender davon ausgeht, dass die Nachricht nur von dem Empfänger gelesen wird, nicht aber von anderen Personen, auch nicht im Todesfall von den Hinterbliebenen. Nach den Erfahrungen von Birgit Janetzky werden Mailadressen von Verstorbenen allerdings generell vom Provider abgeschaltet, wenn sie drei Monate lang nicht mehr benutzt wurden. Bei Profilen in sozialen Netzwerken gibt es eine Alternative zur Löschung des Profils: Das kann auf den sogenannten Gedenkstatus umgestellt werden. Birgit Janetzky:
"Bei Gedenkstatus bleibt das Profil erhalten. Es können aber nur die bis dahin verknüpften Freunde auf das Profil darauf schauen. Kein anderer sieht etwas. Und auch nur die bis dahin verknüpften Freunde können Kondolenzeinträge auf der Pinnwand machen."
Alle Beispiele zeigen: Der Umgang mit dem digitalen Erbe ist mühselig, zuweilen auch kostspielig. Birgit Janetzky verlangt für die Analyse der Festplatte, die aus dem Computer eines Verstorbenen stammt, rund 250 Euro. Und bundesweit gibt es gerade mal eine Handvoll Dienstleister mit ähnlichen Angeboten. Deshalb empfehlen Fachleute jedem, bereits zu Lebzeiten eine Auflistung mit allen Zugangsdaten, Passwörtern und Profilangaben zu hinterlegen, am besten bei einem Notar. Zwar bieten auch digitale Dienstleister im Internet die Verwaltung des digitalen Erbes an. So recht begeistern mag sich Susanne Demel von Bitkom für diese Möglichkeit aber nicht.
"Da muss man sicherlich genau darauf schauen, ob man das möchte, dass ein Unternehmen, das völlig woanders sitzt, meine sämtlichen Passwörter in der Hand hat. Die wiederum in der analogen Welt abzuspeichern, ist vielleicht auch keine schlechte Idee."