Jeder dritte Verdacht auf Behandlungsfehler ist richtig

 


Gutachter haben rund 12.500 Beschwerden über falsche Behandlungen untersucht. Fast jeder dritte Verdacht bestätigte sich. Besonders Operationen können Fehler verursachen.

Gutachter der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) haben Patientenbeschwerden aus dem Jahr 2012 analysiert. Die nun veröffentlichte Statistik listet 12.483 vermutete Behandlungsfehler. In 31,5 Prozent der Fälle habe sich der Verdacht des Patienten bewahrheitet.

Rund zwei Drittel der Vorwürfe, nämlich 8.607 Fälle, richteten sich gegen Krankenhäuser. Davon seien 30 Prozent bestätigt worden. 3.872 Fälle betrafen niedergelassene Ärzte. Hier bestätigten die MDK-Gutachter 36 Prozent der Fehler-Vorwürfe.

Die meisten Beschwerden erheben Patienten nach Operationen. Dies gilt laut MDK vor allem für die Orthopädie, Chirurgie, Zahnmedizin, Innere Medizin und Gynäkologie. "Eine hohe Zahl von Vorwürfen ist aber nicht gleichzusetzen mit einer hohen Zahl tatsächlicher Fehler", sagte die Leitende Ärztin Sozialmedizin des MDK Bayern, Astrid Zobel. "Gemessen an der Zahl der Vorwürfe werden die meisten Fehler in der Pflege, in der Zahnmedizin und in der Gynäkologie bestätigt."  

Die Zahlen müssten zurückhaltend interpretiert werden, sagte Zobel. "Wir können Fehlerhäufungen in bestimmten Fachgebieten erkennen. Dies erlaubt aber keinen Rückschluss auf die Behandlungsqualität insgesamt, da weder die Gesamtzahl der Behandlungen noch die Zahl aller Behandlungsfehler bekannt sind." Laut MDK-Statistik traten die meisten Fehler bei der Wurzelbehandlung der Zähne auf, gefolgt vom Hüft- und Kniegelenkersatz.

Beweislast meist beim Patienten

Der Vizegeschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (MDS), Stefan Gronemeyer, sagte, das kürzlich in Kraft getretene Patientenrechtegesetz habe die Situation von Patienten bei vermuteten Behandlungsfehlern nur teilweise verbessert. "Aus Sicht der Patienten bleibt unbefriedigend, dass das Gesetz keine neue Verteilung der Beweislast zwischen Behandler und Patient gebracht hat", sagte Gronemeyer.

Im Mai 2012 hatte das Bundeskabinett das Patientenrechtegesetz beschlossen: In gravierenden Fällen soll künftig der Arzt beweisen müssen, dass ein Schaden nicht von einem Fehler herrührt. Bei einfachen Behandlungsfehlern muss wie bisher der Patient den Behandlungsfehler als Ursache für eine Schädigung nachweisen.

Gronemeyer sprach sich dafür aus, dass zumindest in jenen Fällen, in denen ein fachärztliches Gutachten den Behandlungsfehler bestätigt, in Zukunft die Beweislast für den Patienten erleichtert wird. Außerdem forderte Gronemeyer ein bundesweites Behandlungsfehlerregister.

Behandlungsfehlervorwürfe werden im MDK von spezialisierten Gutachterteams untersucht. Die Gutachter gehen bei einem Verdacht eines Patienten der Frage nach, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard abgelaufen ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird außerdem geprüft, ob der Schaden, den der Patient erlitten hat, tatsächlich durch den Fehler verursacht worden ist. Nur dann sind Schadensersatzforderungen aussichtsreich.  

Auf der Basis des MDK-Gutachtens kann der Patient entscheiden, welche weiteren Schritte er unternimmt. Die MDK-Begutachtung umfasst neben der Beurteilung von Fehlern in der Medizin auch zahnmedizinische und Pflege-Fehler.

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