Versicherungen rechtzeitig wechseln oder besser behalten?

Vor - und Nachteile der künftigen Unisex-Tarife für Frauen

 

Von Annette Eversberg

Ab dem 21. Dezember dürfen die Versicherer nur noch Unisex-Tarife anbieten, also solche, bei denen das Geschlecht keine Rolle mehr spielt. Altverträge bleiben aber unangetastet. Wo es sich für Frauen lohnen könnte, schnell noch eine Police abzuschließen, erläutert der Verbrauchertipp. 

Frauen leben länger und weniger gefährlich als Männer - doch sie gehen häufiger zum Arzt. Solche Unterschiede zwischen den Geschlechtern dürfen Versicherungen künftig in ihren Tarifen nicht mehr berücksichtigen. Die Folge: Manche Policen werden teurer, andere billiger. Wer plant, eine Versicherung abzuschließen, kann dies ausnutzen. Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender des Bundes der Versicherten in Henstedt-Ulzburg, sagt, bei welchen Sparten für Frauen Handlungsbedarf bestehen könnte. 

"Bei der Risikolebensversicherung und bei der Kapitallebensversicherung, da wird es auf jeden Fall für die Frauen teurer, und je nachdem, wie alt die Frau ist und wie lange der Vertrag laufen soll, kann sich der Beitrag sogar verdoppeln." 

Dr. Bernhard Schmidt, Leiter der Arbeitsgruppe Unisex-Tarife für Lebensversicherungen der Deutschen Aktuarvereinigung in Köln nennt den Grund: 

"Das bedeutet, dass alle Tarife in Zukunft geschlechtsübergreifend kalkuliert werden. Und damit liegt das Preis-Leistungs-Verhältnis in der Mitte der heutigen Relation für Männer und Frauen. Und dementsprechend, wenn es in der Mitte liegt, da wird es für Frauen auch etwas teurer." 

Ebenfalls teurer wird es für Frauen in der Kfz-Versicherung. Bisher haben Frauen davon profitiert, weil sie weniger riskant fahren als Männer. Da das Risiko nun für beide Geschlechter kalkuliert wird, müssen sie bei Neuverträgen künftig mehr bezahlen. Für Frauen kann es sich also lohnen, den Vertrag vor dem 21. Dezember abzuschließen, denn für alte Verträge gilt die neue Vorschrift nicht. Als riskanter gelten bei den Versicherern auch schwere und gefährliche Tätigkeiten, die vor allem Männer ausüben. Die Folge: Frauen müssen künftig sowohl in der privaten Unfall- als auch in der Sterbegeldversicherung mit höheren Beiträgen rechnen. Bernhard Schmidt:

"Für Frauen wird es grundsätzlich teurer, weil einheitlich für Männer und Frauen kalkuliert werden muss, und die Sterblichkeit bei Männern einfach höher ist." 

Billiger wird es für Frauen dagegen in der Privaten Kranken- und Krankenzusatzversicherung. Weil die häufigeren Arztbesuche von Frauen und die längere Lebenserwartung bei der neuen Mischkalkulation nicht mehr so stark zu Buche schlagen. Günstiger werden außerdem private Pflegeversicherungen. Und - so Bernhard Schmidt - private Rentenversicherungen. 

"Da führt die geringere Sterblichkeit der Frauen dazu, dass die Rente länger gezahlt wird, die vereinbart wird, und dementsprechend wird es bei Rentenversicherungen für Frauen billiger." 

Die neuen Unisex-Tarife gelten nur für neue Versicherungsverträge ab dem 21. Dezember. Auch wenn der Beitrag in einem Unisex-Tarif niedriger ist: Wer einen Wechsel in einen solchen Vertrag erwägt, sollte vorher genau rechnen. Denn neue Verträge verzinsen das eingezahlte Kapital nur noch zu 1,75 Prozent. Und man müsste in den meisten Fällen den alten Vertrag kündigen oder beitragsfrei stellen, warnt Axel Kleinlein.

"Beitragsfreistellung und Kündigung sind immer zum Nachteil der Kunden. Die beste Vermeidung ist, erst mal so einen Vertrag gar nicht abzuschließen. " 

Die Aussicht auf günstigere oder nachteilige Tarife sollte Frauen jetzt auf keinen Fall zu einer Schnäppchenjagd vor oder nach dem 21. Dezember veranlassen. Wichtige Versicherungen wie die Risikolebensversicherung, rät der Bund der Versicherten dagegen nicht auf die lange Bank zu schieben. Da steht die Absicherung im Todesfall im Vordergrund. In anderen Fällen sollte man warten, weil die meisten Versicherer ihre neuen Unisex-Tarife noch gar nicht endgültig kalkuliert haben. Vergleiche zwischen den Anbietern sind demnach jetzt noch gar nicht möglich. Versicherungsmathematiker Dr. Bernhard Schmidt rät ganz grundsätzlich:

"Die allererste Überlegung sollte dem dienen, habe ich denn wirklich einen Bedarf? Ansonsten schließt man etwas ab, was man nicht braucht."

 

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