Kurz nach Ablauf der Gewährleistungspflicht gibt ein gekauftes Gerät den Geist auf. Was bleibt, ist Abfall und der böse Verdacht, dass der schnelle Verschleiß etwas mit Absicht zu tun hat. Doch es regt sich Widerstand gegen den Zwang zum Wegwerfen - in Form von offenen Werkstätten.
In der alten Gasmotorenfabrik in Köln-Deutz treffen sich jeden Freitag am frühen Abend Menschen, die gerne basteln und kaputte Dinge reparieren. DieDingfabrik steht für den Austausch von Informationen und die Bereitstellung von Werkzeug. Alexander Speckmann ist einer der Gründer.
"Eine offene Werkstatt, wie wir sie hier betreiben ist ein Ort, wo wir Werkzeug sammeln und den Leuten die Möglichkeit geben sie zu nutzen. Wir haben jetzt noch die Besonderheit, dass wir computergesteuerte Maschinen mit dabei haben - 3D-Drucker und CNC-Fräsen. Also damit einen Ort für jedermann, der irgendetwas bauen, basteln oder reparieren will."
An diesem Abend sind über 20 Leute in den dritten Stock gekommen und es wird langsam eng. Jeder Freitag ist anders: Ob Textil, Holz, Roboter, Stricken, Löten, Bücher binden oder CNC-Fräsen. An den Tischen werden Computer repariert, Lampen konstruiert und der 3D-Drucker erstellt Tischklemmen. Roland Kletzing arbeitet in der IT-Branche und kommt seit anderthalb Jahren zu den Treffen.
"Ich finde es halt blöd, wenn Sachen weggeschmissen werden, die halt nur einen kleinen Defekt haben. Die Leute schmeißen es dann weg, weil sie nicht wissen wie das Stromkabel getauscht wird, weil nur das Anschlusskabel gebrochen ist. Immer wenn hier etwas anfällt, was nach Reparatur aussieht, dann bin ich hier in der Dingfabrik dabei den Schraubenzieher und den Lötkolben rauszuholen und wieder was flott zu machen."
Die meisten Menschen kennen das: Kaum ist die Garantie abgelaufen, gehen die elektronischen Begleiter des Alltags kaputt. Der Handy-Akku lädt nicht mehr, das Display beim MP3-Player spinnt und das Notebook schaltet sich einfach aus. Reparieren lohnt sich nicht, sagt die Hotline des Herstellers. Verschiedene Netzwerke und Communities im Internet versprechen Unterstützung. Markus Weiher repariert elektronische Geräte und gibt sein Wissen gerne preis. Hier setzt auch die US-Schrauber-Community ifixit an. Markus Weiher ist einer der Top-Autoren und er hat über 1000 Anfragen beantwortet. Zu Beginn war er selbst auf der Suche nach Hilfe für seinen kaputten Computer.
"Da habe ich selbst gesucht und mir wurde geholfen, ich habe den Fehler behoben. Ich fand das Konzept einfach interessant, das Leute in ihrer Freizeit sich hinsetzen und anderen helfen. Das fand ich gut und hab das dann auch gemacht."
MP3-Payer, Handys und Computer landen immer früher auf dem Müll, als sie müssten. Der frühe Tod ist von den Herstellern oft gewollt.
"Die Vermutung, dass es geplant ist, ist natürlich da. Es gibt eben das Konzept schon sehr lange, dass man etwas plant, damit es schneller kaputt geht - Glühlampen sind das beste Beispiel."
Die sogenannte "geplante Obsoleszenz" bezeichnet die ökonomische Strategie, über eingebaute Sollbruchstellen eine bleibende Nachfrage aufrecht zu erhalten. Durch das Verbauen qualitativ minderwertiger Einzelteile wird die Lebensdauer eines Produkts begrenzt. Wer nicht nur einen Akku wechseln, sondern einen Kondensator tauschen oder einen Fahrrad-Rahmen schweißen will, der braucht eine Werkstatt und jemanden der ihn unterstützt. Die Lösung liegt in den rund 30 "Offenen Werkstätten" in Deutschland. Thorin Hopkins kommt regelmäßig in die Kölner Dingfabrik.
"Es ist nicht immer einfach, aber manche Sachen kann man reparieren. Ich habe einen Mp3-Player - das ist ein älteres Gerät, der mir aber sehr ans Herz gewachsen ist, weil es da eine offene Software für gibt. Und als der kaputt ging, der wollte nicht mehr angehen, habe ich mir das passende Ersatzteil aus den Staaten bestellt. Ich habe den Chip ausgetauscht und es funktioniert wieder."
Einen Schritt weiter im Kampf gegen die Wegwerfgesellschaft gehen die Repair Cafés. Hier kann man seine kaputten Schätzchen vorbeibringen und die werden dann von erfahrenen Freizeit-Mechanikern repariert - das Ganze ist dabei auch noch kostenlos. Das Projekt kommt aus den Niederlanden und dort gibt es bereits 18 Cafés. Die Nutzer der Dingfabrik in Köln finden das Konzept so überzeugend, dass sie schon bald dem niederländischen Beispiel folgen werden.