Wie sieht es also aus im mittleren Management? "Nur 23 Prozent der Neubesetzungen entfallen hier auf Frauen", sagt Bernhard Walter, Senior-Berater bei der Personalberatung Rochus Mummert. "Das klingt zunächst viel, aber nur weil die Anteile in anderen Bereichen der Wirtschaft noch niedriger sind. Damit kann man sich auf keinen Fall zufriedengeben."
Wer Frauen fördert: Die Steckbriefe der Dax-Konzerne
Mit einer Umfrage hat Walter versucht, sich ein Bild davon zu machen, wie die betreffenden Frauen die Situation selbst empfinden. Überraschendes Ergebnis: Rund die Hälfte der Befragten denkt, dass sich ihre persönliche Situation durch die Einführung einer Frauenquote gar nicht verändern würde. Für jede zweite Mittelmanagerin geht die Diskussion um eine Quote an ihren Bedürfnissen vorbei.
Führung in Teilzeit ist wichtiger als eine Quote
Damit unterscheidet sich ihre Haltung deutlich vom Führungskräftenachwuchs, aber auch von den Top-Frauen. "Im mittleren Management beobachten wir, dass Frauen beim Thema Gleichberechtigung geradezu verzweifelt sind", erläutert Walter. Es sei nicht so, dass eine Quote dort auf wirkliche Ablehnung stoße. Sie bringe dieser Frauengeneration nur nichts: "Bis eine Quote den erhofften kulturellen Wandel herbeiführen könnte, sind sie vielleicht nicht mehr im Berufsleben. Ihre Probleme, Beruf und Familie im Alltag unter einen Hut zu bekommen, sind dagegen sehr präsent und drückend."
So geht die Ernüchterung beim Quoten-Thema einher mit praktischen Forderungen: Wirksame Regelungen zur flexiblen Arbeitszeit, ausreichende Betreuungsplätze sowie Möglichkeiten, eine Führungstätigkeit auch in Teilzeit auszuüben - das ist vielen Befragten wichtiger als eine Quotenregelung.
Rund die Hälfte von ihnen gibt an, schon einmal auf einen Karriereschritt verzichtet zu haben, weil die Rahmenbedingungen nicht passten. Das berichten - wenig überraschend - vor allem Frauen, die Kinder unter 18 Jahren haben. Alles, was solche Entscheidungssituationen erleichtert, ist ihnen willkommen.
Aus seiner Beratungstätigkeit weiß Walter: "Führung in Teilzeit ist in den meisten Unternehmen heute noch eine unrealistische Forderung. Aber bereits in fünf bis zehn Jahren kann sich die Situation ganz anders darstellen. Das hängt nicht zuletzt an Anreizen, die der Gesetzgeber und die Unternehmen liefern."
Selbst in Norwegen werden Frauen benachteiligt
Eine eigene Umfrage zu diesem Thema hatte Walter bereits vor einem Jahr durchgeführt: Danach könnten sich drei Viertel der deutschen Arbeitnehmer gut vorstellen, unter einem Teilzeit-Chef zu arbeiten - oder einer Teilzeit-Chefin. Mangelnde Akzeptanz für solche Konstruktionen kann also nicht als Ausrede herhalten.
In der aktuellen Studie seiner Beratungsfirma finden sich außerdem zwei brisante Zahlen. Bei der einen geht es um konkrete Diskriminierung: 51 Prozent der befragten Frauen hatten schon einmal das Gefühl, dass ihnen ein Karriereschritt verweigert wurde, weil sie Frauen sind. Wobei Walter im Vorfeld vermutet hat, dass dieser Anteil noch etwas höher ausfällt.
Die andere Zahl sollte den Unternehmen verdeutlichen, warum sie die Bedürfnisse der Frauen im Management besser nicht ignorieren: 18 Prozent von ihnen planen, im Lauf der kommenden zwölf Monate ihren Arbeitgeber zu wechseln. Die wichtigsten Wechselgründe: schlechte Bezahlung - und fehlende Möglichkeiten, in Teilzeit zu führen.
Matthias Kaufmann ist Online-Redakteur beim manager magazin.