Als Karneval, Fastnacht, Fasnacht oder Fasching (auch: Fünfte Jahreszeit) bezeichnet man verschiedene Bräuche, mit denen die Zeit vor dem Aschermittwoch in Ausgelassenheit, Fröhlichkeit und überschäumender Lebensfreude gefeiert wird.
Diese Bräuche haben sich in den zahlreichen Karnevals-, Fastnachts- und Faschingshochburgen mit spezifischen Eigenarten entwickelt. Weitere wichtige Einflüsse sind dieNarretei, Lokalpatriotismus und die Verhöhnung der jeweiligen Machthaber zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Verspottete man in Mainz die Franzosen, so konnten in Köln diePreußen straffrei verballhornt werden, die nach dem Wiener Kongress das Rheinland und Westfalen annektiert hatten.
Fastnacht, Fastelabend, Fasnacht
Begriffsherkunft und -verbreitung
Das Wort Fastnacht oder seine Abwandlungen wird vor allem in Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, in Franken, in der Oberlausitz, in Baden, Württemberg, Bayerisch-Schwaben, im westlichen Oberbayern, der Oberpfalz[1], Luxemburg, der Schweiz, Liechtenstein, den westlichen Ländern Österreichs bis zum Arlberg und Südtirol (Alpenraum) verwendet. In Mainz heißt es Fas(s)enacht, in Franken Fasenacht, in der Schweiz Fasnacht, in Baden, Württemberg und Bayerisch-Schwaben Fasnet, regional auch F(a)asent und in Luxemburg Fuesend. Weitere sprachliche Ausprägungen sind Fosnet, Foaset und Fassend. Im niederdeutschen Raum heißt es plattdeutsch Faslaomt oder Faslam - dabei entspricht der Faslam in protestantischen Gebieten nicht dem, was gemeinhin unter Karneval verstanden wird. Im Großraum Köln wird in der kölschen Mundart auch Fastelov(v)endoder Fasteleer verwendet, während man dort im Hochdeutschen ausschließlich von Karneval spricht.
Volksetymologisch wird das Wort Fastnacht oft an das althochdeutsche fasta (Fastenzeit) und naht (Nacht, Vorabend) angeschlossen und angegeben, der Name bezeichne ursprünglich nur den Tag vor Beginn der Fastenzeit, ab dem 15. Jahrhundert auch die Woche davor. Eine andere Volksetymologie stellt eine Verbindung zum Wort Fass her. Der Vergleich der Dialektwörter ergibt jedoch eine gemeinsame Wortform der Gestalt *fasanaht, die diese Interpretationen widerlegt. Die Bedeutung des Vorderglieds fasa- bleibt unklar. Am wahrscheinlichsten scheint ein Anschluss an eine indogermanische Verbalwurzel *pwos- mit der Bedeutung reinigen, läutern, fasten.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Fasnacht im nationalsozialistischen Sinne von der Fastnacht, die in einem liturgischen Kontext gesehen wurde, unterschieden. Nachdem im Januar 1937 in mehreren Publikationsorganen entsprechende Ausführungen von Hans Strobel veröffentlicht worden waren, fand in Österreich und Deutschland von systemtreuer Seite ausschließlich ein entsprechender Begriffsgebrauch statt.
Fasching
Das Wort Fasching taucht im Hochdeutschen bereits ab dem 13. Jahrhundert zunächst in den Formen vaschanc und vaschang auf. Etymologisch[2] leitet sich Fasching, Vaschang vom Fastenschank her, also dem letzten Ausschank (alkoholischer Getränke) vor der damals noch strengen Fastenzeit. Darauf verweist auch die mittelniederdeutsche Form vastgang, beziehungsweise die (spät)altnordische Form fostugangr für den Beginn der Fastenzeit. Die Angleichung an Wörter mit -ing ist deutlich jünger.
Vom Fasching spricht man vor allem in Unterfranken - Würzburg (größter Faschingszug Süddeutschlands), Niederbayern und der südlichen Oberpfalz, im Osten Oberbayerns[1] und München, also im bairischen Sprachraum und in Österreich östlich des Arlbergs. In Sachsen und Brandenburg finden sich zwar verbreitet sogenannte Karnevalsvereine, das Brauchtum an sich bezeichnet man oft jedoch auch als Fasching. Auch im norddeutschen Raum ist Fasching vielerorts die vorherrschende Bezeichnung für die närrischen Tage.
Karneval
Nördlich der Linie Bonn-Erfurt gibt es in Deutschland fast ausschließlich Karnevalsvereine, die Veranstaltung nennt man hingegen in Sachsen und Brandenburg auch Fasching. Verbreitet bezieht man den Karneval jedoch in erster Linie auf den rheinischen Karneval (siehe Kölner Karneval, Düsseldorfer Karneval, Bonner Karneval, Eschweiler Karneval, Aachener Karneval, Neusser Karneval). In Deutschland ist der Begriff Karneval erstmals Ende des 17. Jahrhunderts, im Rheinland erstmals im Jahr 1728 nachweisbar.[3
Der Begriff Karneval findet sich auch im internationalen Sprachraum, wird aber sehr unterschiedlich gefeiert. Karnevaleske Strukturen des Maskierens, Verkleidens und ritualisierter Ausgelassenheit lassen sich in allen Kulturen finden. Bekannt sind unter anderem der Karneval in Rio, Karneval in Venedig, der Karneval von Québec, der Karneval in Rijeka, der Mittfasten (Lätare) - Karneval in Stavelot und anderen belgischen Ostkantonen, sowie in Spanien der Karneval von Santa Cruz de Tenerife und der Karneval in Cádiz. Auch in denSüdstaaten der USA gibt es eine ausgeprägte Karnevalstradition. Man verwendet hier die französische Bezeichnung Mardi Gras (Fetter Dienstag, Fastnachtsdienstag). Eine ganz eigenständige Vitalität entwickelte der Karneval in Lateinamerika. In Namibia gibt es ebenfalls eine ausgeprägte Karnevalskultur (Karneval in Namibia).
Zeitlicher Verlauf
Beginn
Als Beginn der Fastnachtszeit galt bzw. gilt in den deutschsprachigen Ländern traditionell der Dreikönigstag.
Seit dem 19. Jahrhundert finden in vielen Gegenden zusätzlich am 11. November, ab 11:11 Uhr einzelne Veranstaltungen statt, zu denen insbesondere die Vorstellung des Prinzenpaars gehört. Hintergrund ist, dass auch das Geburtsfest Christi bereits kurz nach dessen Fixierung im Jahr 354 eine vorangehende 40-tägige Fastenperiode vorsah, vor deren Beginn man - wie vor Karneval - ebenfalls die später verbotenen Fleischvorräte aufzuzehren pflegte (Gänseessen am 11. November, dem Martinstag).
Die Zeit vom 12. November bis 5. Januar bleibt aber selbst in den Hochburgen entlang des Rheins weiterhin weitgehend karnevalsfrei, was sich aus der erwähnten vorweihnachtlichen Fastenzeit, der Rolle des Novembers als Trauermonat und dem besinnlichen Charakter des Advent erklärt. Soweit von einer „Vorverlagerung“ des Karnevalsbeginns oder von einer „Saisoneröffnung“ am 11. November gesprochen wird, ist dies daher zumindest irreführend. Von seiner Entstehungsgeschichte her stellt der 11. November vielmehr einen zweiten, „kleinen“ Karneval dar; 1823 bestimmte nämlich ein „Festordnendes Comité“ in Köln das närrische Datum zum Beginn der Vorbereitungen für einen von nun an geregelten Karnevalsumzug.
Höhepunkt
Den Höhepunkt erreicht die Fastnacht in der eigentlichen Fastnachtswoche vom schmotzigen/unsinnigen oder auch glombiga Donnerstag (von Schmotz = Schmalz, was auf in Schmalz gebackene Fastnachtsküchle hinweist) bzw. Weiberfastnacht über den Nelkensamstag, Tulpensonntag, Rosenmontag bis zum Fastnachtsdienstag, auch Veilchendienstag genannt. Dabei gibt es insbesondere am Rosenmontag entsprechende Umzüge - wobei sich Rosen ursprünglich nicht auf die Blume, sondern auf das Verb rasen bezog. Anderen Interpretationen zufolge verdankt der Rosenmontag seinen Namen dem vierten Fastensonntag, dem Rosensonntag.
In der Nacht zu Mittwoch um Punkt Mitternacht endet der Karneval und es gibt an vielen Orten die Tradition, dass die Karnevalisten in dieser Nacht eine Strohpuppe, den so genannten Nubbel, als Verantwortlichen für alle Laster der karnevalistischen Tage, vor allem wegen des ausgegebenen Geldes, verbrennen. In Düsseldorf und den niederrheinischen Städten wie Krefeld, Duisburg, Mönchengladbach, Kleve oder Wesel wird der so genannte Hoppeditz zu Grabe getragen. Dieser war ursprünglich eine typisch niederrheinische Narrenfigur. Dieser Schelm oder Hanswurst hatte Ähnlichkeit mit Till Eulenspiegel und den mittelalterlichen Hofnarren. So wird berichtet, dass es im 18. und 19. Jahrhundert am Niederrhein der kleinen Leute Brauch war, in der Nacht auf Aschermittwoch ausgerüstet mit Stangen, an denen Würste hingen, durch die Straßen zu laufen und lustige Lieder zu singen.In den Stadtteilen, Städten und Dörfern um diese Hochburgen herum gibt es Umzüge am Samstag (Nelkensamstag), Sonntag (Orchideen- oder Tulpensonntag) und Dienstag (Veilchendienstag). In Duisburg-Hamborn findet seit Jahrzehnten am Karnevalssonntag der größte Kinderkarnevalszug Europas statt.
Ende
Ende des Karnevals ist der Aschermittwoch. Sein Termin hängt insofern unmittelbar von der Lage des Osterfests ab:
325 wurde auf dem Konzil von Nicäa das Osterdatum auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond festgelegt. Um 600 legte Papst Gregor der Große eine 40-tägige Fastenzeit vor Ostern fest, die an die Zeit erinnern soll, die Jesus Christus in der Wüste verbracht hat. Nach dieser Regelung begann die Fastenzeit am Dienstag nach dem 6. Sonntag vor Ostern (Invocavit oder Dominica Quadragesimae, im Deutschen auch Funkensonntag).
Mit dem Konzil von Benevent im Jahr 1091 wurden die sechs Sonntage vor Ostern vom Fasten ausgenommen. So rückte der Beginn der Fastenzeit um sechs Tage nach vorne auf den heutigen Aschermittwoch, dem Mittwoch nach dem 7. Sonntag vor Ostern.
Noch bis ins 16. Jahrhundert existierten beide Fastnachtstermine, die alte Burefasnacht (Bauernfastnacht) und die neue Herren- beziehungsweise Pfaffenfastnacht konkurrierend nebeneinander. Insbesondere im badischen Raum als auch in der Schweiz haben sich viele Bräuche der alten Fasnacht erhalten. Am bekanntesten ist davon sicherlich die Basler Fasnacht.Diese beginnt am Montag nach Aschermittwoch um 4:00 Uhr mit dem Morgestraich und endet am folgenden Donnerstagmorgen, ebenfalls um 4:00 Uhr. Aus diesem Zusammenhang erklärt sich auch, dass sich der Termin der protestantischen Basler Fasnacht - wie oftmals geschrieben - keineswegs auf die Reformation bezieht, sondern auf obige Begebenheit.
Im orthodoxen Raum beginnt das volle Fasten bereits am Montag nach dem 7. Sonntag vor Ostern, und bereits eine Woche vorher beginnt der Fleischverzicht. Die russischeButterwoche, in der traditionell gefeiert wird und große Mengen Blini, eine Art Pfannkuchen gegessen werden, liegt dazwischen. Andere osteuropäische Länder haben ähnliche Bräuche. Da das östliche Osterfest oft später ist als das westliche - beruhend auf der westlichen Reform des Kalenders, verschiebt sich auch die Fastnacht.
Mittfasten
Einige belgische Ostkantone feiern den Karnevalshöhepunkt mit einem Mittfasten-Umzug (meist zu Lätare). Bekannt ist besonders der große Zug der weißen Mönche (Blanc-Moussis) in Stavelot, der seit 1449 stattfindet.
Räumliche Einordnung
Der Karneval findet fast ausschließlich in katholischen, in abgewandelter Form auch in orthodoxen Gebieten statt. Dieses hängt sicherlich nicht nur mit der Fastenzeit zusammen, sondern auch mit dem früher stärker vorherrschenden Katholizismus als Lebensform. Berühmteste Ausnahme ist wohl die Basler Fasnacht. Hochburgen sind also in Deutschland das Rheinland, Rheinhessen, Südhessen, das Münsterland, die Lausitz, Franken(vor allem in der Region Würzburg) und Baden-Württemberg ohne Altwürttemberg (Schwäbisch-alemannische Fastnacht), in Luxemburg Diekirch, Echternach und Remich, sowie in der Schweiz Basel und Luzern (Luzerner Fasnacht), in den Niederlanden (in den Provinzen Limburg und Nordbrabant), in Belgien insbesondere das deutschsprachige Ostbelgien. Vereinzelt existiert die Tradition auch auf dem Land in Flandern. Berühmt ist ferner derKarneval in Venedig sowie der Mardi Gras in New Orleans. Der Karneval ist auch in Rijeka (Kroatien) und Südamerika verbreitet; besonders der Karneval in Rio in Brasilien, der Karneval in Oruro in Bolivien und der Karneval von Barranquilla in Kolumbien sind weltbekannt.
Mit der Reformation im 16. Jahrhundert verschwand in den überwiegend evangelischen Gebieten mit dem Aschermittwoch auch die Fastnacht. Eine Ausnahme war Basel, wo die Fasnacht nie dauerhaft abgeschafft wurde (siehe oben Karnevalstermin und Basler Fasnacht). Erst im ausgehenden 20. Jahrhundert wurde in vielen evangelischen Städten wieder eine Fastnacht eingeführt.
Seit 1972 findet im syrischen Marmarita am Abend vor Mariä Himmelfahrt, die Zeit in der Ausgewanderte einen Heimatbesuch abstatten, ein Karnevalsumzug statt, der durch nach Brasilien ausgewanderte Heimaturlauber initiiert wurde.[7]
Geschichte
Vorläufer des Karnevals wurden bereits vor 5000 Jahren im Zweistromland gefeiert, im Land mit den ersten urbanen Kulturen. Eine altbabylonische Inschrift aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. gibt Kunde davon, dass unter dem Priesterkönig Gudea ein siebentägiges Fest gefeiert wurde und zwar nach Neujahr als symbolische Hochzeit eines Gottes. Die Inschrift besagt: „Kein Getreide wird an diesen Tagen gemahlen. Die Sklavin ist der Herrin gleichgestellt und der Sklave an seines Herrn Seite. Die Mächtige und der Niedere sind gleichgeachtet.“ Hier wird zum ersten Mal das Gleichheitsprinzip bei ausgelassenen Festen praktiziert und dies ist bis heute ein charakteristisches Merkmal des Karnevals.
Im Altertum
In allen Kulturen des Mittelmeerraumes lassen sich ähnliche Feste, die meist mit dem Erwachen der Natur im Frühling in Zusammenhang stehen, nachweisen: In Ägypten feierte man das ausgelassene Fest zu Ehren der Göttin Isis und die Griechen veranstalten es für ihren Gott Dionysos und nennen es Apokries. Die Römer schließlich feierten vom 17. Dezember bis 19. Dezember die Saturnalien zu Ehren ihres Gottes Saturnus. Das Fest war verbunden mit einem öffentlichen Gelage, zu dem jedermann aus jeder Gesellschaftsschicht eingeladen war. Hinrichtungen wurden während der Saturnalien hinten angestellt. Sklaven und Herren tauschten zeitweise die Rollen, feierten und saßen gemeinsam myrtenbekränzt bei Tische, tranken und aßen nach Herzenslust, konnten jedes freie Wort wagen und überschütteten sich mit kleinen Rosen. Aus den Rosen entstand möglicherweise das in unseren Tagen bekannte Konfetti. Die Römer veranstalteten auch farbenprächtige Umzüge, bei denen ein geschmückter Schiffswagen umhergezogen wurde.
Jedoch werden in der aktuellen Forschung Termine wie Saturnalien oder Lupercalien als Ursprung des Fastnachtsbrauchtums stark angezweifelt. In vielen Masken, Figuren und Bräuchen scheinen sich auch vorchristliche, beispielsweise keltische Riten erhalten zu haben, die den Wechsel vom kalten Winterhalbjahr in das warme und fruchtbare Sommerhalbjahr beinhalten. Den Winter hätte man versucht zu vertreiben, indem man sich als Geister, Kobolde und unheimliche Gestalten aus der Natur verkleidete und mit Holzstöcken wild um sich schlug oder mit einer Rassel oder Ratsche (Schnarre) Krach machte. Die neuere Forschung bezweifelt mittlerweile auch die germanische Theorie: Sie führt an, dass sich Bräuche und Feste nicht mit einer Unterbrechung von mehreren Jahrhunderten überliefert haben könnten und gehen daher von der heutigen Fastnacht als einem christlichen Fest aus.
Germanische Theorien (sogenannte Kontinuitätsprämissen) hatten insbesondere während des Nationalsozialismus Konjunktur, werden heute aber teilweise unbewusst noch immer zitiert. Die Skepsis gegenüber allen Theorien, die eine Überlieferung germanischen oder keltischen Brauchtums annehmen, hält seit dem Zweiten Weltkrieg ungebrochen an.
Es ist aus diesem Grund davon auszugehen, dass über mehrere Jahrhunderte keine Feste ähnlich der Fastnacht stattfanden, sondern diese eher im hohen und späten Mittelalter mit der Fastenzeit entstanden.
Im Mittelalter
Die mittelalterliche Fastnacht wird auf die augustinischen Lehren vom Zwei-Staaten-Modell zurückgeführt. Die Fastnacht steht daher für die civitas diaboli, den Staat des Teufels. Daher wurde die oftmals ausartende Fastnacht von der Kirche als didaktisches Beispiel geduldet, um zu zeigen, dass die civitas diaboli wie auch der Mensch vergänglich ist und am Ende Gott siegreich bleibt. Mit dem Aschermittwoch musste daher die Fastnacht enden, um die unausweichliche Umkehr zu Gott zu verdeutlichen. Während die Kirche bei gotteslästernden Szenen während der Fastnacht untätig blieb, wurde ein Weiterfeiern der Fastnacht in den Aschermittwoch hinein streng verfolgt.Eine der ältesten Erwähnungen der Fastnacht findet sich in der Speyerer Chronik des Stadtschreibers Christoph Lehmann von 1612 der aus alten Akten berichtet: „Im Jahr 1296 hat man Unwesen der Fastnacht etwas zeitig angefangen / darinn etliche Burger in einer Schlegerey mit der Clerisey Gesind das ärgst davon getragen / hernach die Sach beschwerlich dem Rhat angebracht / und umb der Frevler Bestrafung gebetten.“ (Clerisey Gesind meint die Bediensteten des Bischofs und des Domkapitels, also der Kleriker, in der Domimmunität) Für das Domkapitel waren diese „Übergriffe“ Anlass für eine Klage gegen Rat und Bürger der Stadt und die Exkommunikation wurde angedroht. Aufgrund der entschlossenen Reaktion der Stadt verlief die Angelegenheit jedoch im Sande, aber es ist bezeichnend, dass selbst eine solche Androhung die Bürger nicht von solchen Aktionen abhielt.[8]
Insbesondere im ausgehenden 14. und 15. Jahrhundert wurde im deutschen Raum Fastnacht gefeiert, so z. B. die Nürnberger Schembartläufe. Um diese Zeit fand auch der Narr Einzug in die Fastnacht, der im didaktischen Sinne der Fastnacht auf die Vergänglichkeit hinweisen sollte.
In manchen Fastnachten – insbesondere in Tirol – wird vor diesem Hintergrund bereits am Fastnachtsdienstagabend zum „Betzeitläuten“ die Maske um sechs Uhr abgelegt. Hintergrund zu dieser Uhrzeit ist die [vor-]urchristliche Tradition, wonach der neue Tag bereits mit dem Einbruch der Nacht beginnt.
In der Neuzeit
Da die Reformation die vorösterliche Fastenzeit abschaffte und somit auch die Fastnacht ihren Sinn verlor, gerieten viele Bräuche zum Teil wieder in Vergessenheit. Bis heute ist der Karneval Sinnbild katholischer Mentalität. Während ältere Fastnachten in Südwestdeutschland sich nach wie vor in katholischen Gebieten finden lassen, führte ein regelrechter Fastnachtsboom in den 1990er Jahren auch in evangelischen Gegenden die Fastnacht ein. In der Schweiz hat Basel einen Sonderstatus: Die Stadt feiert trotz des seit Jahrhunderten vorherrschenden Protestantismus eine alte, traditionelle Fastnacht.
Im Barock und Rokoko wurden vor allem auf Schlössern und an den Fürstenhöfen rauschende Karnevalsfeste gefeiert, deren Masken sich stark an die italienische Commedia dell'Arte anlehnten.
Während in den Städten vermehrt Handwerkszünfte - und dort insbesondere die jungen Gesellen - die Fastnacht ausrichteten, übernahm im frühen 19. Jahrhundert insbesondere im rheinischen Raum das Bürgertum die Festveranstaltung, da Zünfte in den Spätfolgen der Französischen Revolution und dem Einmarsch von französischen Truppen unter Napoleonan Bedeutung verloren bzw. aufgelöst wurden. Das Bürgertum feierte zwar nach wie vor närrische Maskenbälle, die Straßenfastnacht war aber nahezu ausgestorben. So wurde zur Wiederbelebung 1823 in Köln eine neue Art der Straßenfastnacht begründet: der heutige Karneval.
Vor allem in Österreich, der Schweiz, dem Elsass, Bayern und Baden-Württemberg erhielten sich ältere Formen. Besonders in Baden-Württemberg wird heute somit zwischen Karneval und schwäbisch-alemannischer Fastnacht unterschieden. Nachdem sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch hier der Karneval durchgesetzt hatte, wurde nach dem Ersten Weltkrieg eine Rückbesinnung auf die alten Formen gefordert, die sich in der Gründung der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte 1924 manifestierte.
In anderen Ländern konnten sich der Fasching und der Karneval kaum etablieren, so gerieten in England viele Bräuche aufgrund der Reformation Heinrichs VIII. in Vergessenheit, die sich daher auch nicht in den USA festigen konnten. Als einzige Ausnahme gilt hier historisch bedingt New Orleans, wie bereits erwähnt.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde Fasching oftmals für propagandistische Zwecke eingesetzt, siehe hierzu Fasching während des Nationalsozialismus.
Kulinarisches Brauchtum
Verbunden mit Fasching und Karneval ist auch Brauchtum rund um bestimmte Gerichte, die bevorzugt oder ausschließlich in dieser Zeit genossen werden. Kurz vor der Fastenzeit enthalten diese besonders die Zutaten, welche während der Fastenzeit verboten sind. Dies gilt nicht nur für Fleisch, sondern auch für Eier und Fett. Letzteres lässt sich auch aus vielen Bezeichnungen für Karnevalstage ableiten: Fettdienstag und Mardi gras, Martedi grasso oder Fettisdagen (französisch bzw. italienisch oder schwedisch für Fetter Dienstag).
Fett bezieht sich einerseits auf fettreiche Speisen, bei denen besonders Schweinefleisch und Speck beliebt sind. Andererseits auf Gebäck, welches in Fett ausgebacken wird. Fettgebäck (Berliner Pfannkuchen, Krapfen, etc.), welches überwiegend süß zubereitet wird, ist international in verschiedenen Varianten verbreitet. Häufig anzutreffen sind regionale Rezepte mit ebensolchen Bezeichnungen, die sich jedoch häufig in der Rezeptur ähneln. Eine weitere Zutat, welche in Faschingsspeisen häufig vorkommt, sind Hülsenfrüchte, besonders Erbsen und Bohnen, die als Zeichen der Fruchtbarkeit gelten (siehe auch den Brauch um den Erbsenbär).
Rechtsfragen
Die genannten Karnevalstage gelten nicht als gesetzliche Feiertage, denn die Feiertagsgesetze der Bundesländer erwähnen weder den Rosenmontag noch andere Karnevalstage. Dann ist arbeitsrechtlich zu klären, wie es an jenen Tagen zu einer Arbeitsbefreiung kommen kann.
Als so genannte betriebliche Übung wird der Umstand bezeichnet, dass eine regelmäßige Wiederholung einer bestimmten Verhaltensweise durch den Arbeitgeber vom Arbeitnehmer so aufgefasst werden darf, dass diese Verhaltensweise des Arbeitgebers auch in der Zukunft bestehen wird bzw. von Dauer ist. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern in der Vergangenheit (mindestens drei Jahre) am Rosenmontag ohne erkennbaren Vorbehalt frei gegeben hat, dann dürfen die Arbeitnehmer darauf vertrauen, dass diese Arbeitsfreistellung am Rosenmontag auch weiterhin gilt; der Arbeitgeber kann mithin nicht stillschweigend seine Verhaltensweise plötzlich ändern. So entsteht eine rechtliche Bindung, die nur dadurch aufgehoben werden kann, wenn das Einverständnis der Arbeitnehmer erfolgt ist oder Änderungskündigungen ausgesprochen wurden.[9] Will der Arbeitgeber verhindern, dass aus der Stetigkeit eines Verhaltens eine in die Zukunft wirkende Bindung entsteht, muss er einen entsprechenden Vorbehalt erklären. Ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung aus regionalem Gewohnheitsrecht oder Brauchtum gibt es wiederum nicht.[10] Für Beamte indes gibt es keine betriebliche Übung, weil die Gewährung einer Dienstbefreiung am Rosenmontag im Ermessen des Dienstherrn steht.[11]
Wenn ein Richter einen Gerichtstermin auf den 11.11. um 11.11 Uhr legt, kann er deswegen nicht als befangen abgelehnt werden. Ein kleiner Scherz ist erlaubt.[12]