Schlichten mit Erfolg

 

 

Aufgeregt ruft ein Mann seine Frau an: Als er nach Hause kam, habe er die Wohnungstür unverschlossen vorgefunden. Aus der Wohnung seien eine Schmuckkassette und Bargeld entwendet worden. Einbruchspuren seien nicht zu erkennen.
 
Wie sich herausstellte, hatte der Täter den Wohnungsschlüssel aus der Laube des Ehepaares gestohlen, während die Frau im Garten arbeitete.
 
Diesem ersten Schock folgte kurze Zeit später ein zweiter: Die Hausratsversicherung wollte nicht zahlen. Sie unterstellte der Frau grobe Fahrlässigkeit, da sie ihre Handtasche mit dem Wohnungsschlüssel in der unverschlossenen Laube abgelegt hatte.
 
Das Ehepaar wandte sich an die Ombudsstelle für Versicherungen. Die Dienste von Ombudsstellen können Bürgerinnen und Bürger nutzen, um Streitfälle mit  Behörden oder Unternehmen außergerichtlich zu schlichten.
 
Ob Versicherungen, Banken, oder Reiseveranstalter – viele Branchen haben Stellen eingerichtet, die vermitteln. Ganz neu ist die Schlichtungsstelle für Energie e.V.. Sie hat am 1. November 2011 ihre Arbeit aufgenommen und wird in Streitfällen zwischen Verbrauchern und Energieversorgungsunternehmen vermitteln.
 
Ombudsleute können die Fälle als außenstehende Personen unabhängig und neutral betrachten. Ihre Entscheidungen und Empfehlungen haben großes Gewicht.
 

Vorbildlicher Verbraucherschutz

 
"Vorbild für effektiven und unbürokratischen Verbraucherschutz" so hatte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner die Arbeit des Ombudsmanns für Versicherungen gewürdigt.

Die Schlichtungsstelle für Versicherungen feierte im Oktober 2011 ihr zehnjähriges Bestehen – eine Erfolgsgeschichte. Jährlich gehen über 18.000 Beschwerden ein, die vom Ombudsmann und den inzwischen über 40 Mitarbeitern der Schlichtungsstelle bearbeitet werden. Als eigenständiger Verein ist sie unabhängig. Nachdem sie die Ombudsstelle zunächst misstrauisch betrachtet haben, sind inzwischen 95 Prozent der Versicherungen im Privatkundengeschäft Mitglieder der Schlichtungsstelle und finanzieren sie durch ihre Beiträge.
 
Ein Drittel der Beschwerden teilweise oder vollständig im Sinne des Kunden entschieden – da kann sich ein Einspruch lohnen. Das Verfahren ist für Verbraucher kostenlos. Sie müssen allein die Telefon- oder Portokosten tragen. Der Versicherungsombudsmann kann bei Beschwerden zu fast allen Versicherungen helfen –  von Hausrat- und Gebäudeversicherungen über Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen bis hin zu Unfall-, Lebens-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen. Nur die Krankenversicherungen haben sich dem Verein nicht angeschlossen.
 

Prüfen, ob die Anfrage zulässig ist

 
Wer mit einer Entscheidung seiner Versicherung nicht einverstanden ist, sollte sich als Kunde zunächst selbst mit dem Institut in Verbindung setzen und darum bitten, den Fall noch einmal zu prüfen. Am besten schriftlich. Die Unterlagen sind wichtig, wenn später der Ombudsmann ins Spiel kommt.
 
Wer allerdings bei einer anderen Schlichtungsstelle Hilfe gesucht hat oder erste rechtliche Schritte gegangen ist, kann den Ombudsmann nicht mehr anrufen. Das gilt auch bei Strafanzeige oder der Zurückweisung des Gerichts für Prozesskostenhilfe.
 
Mit Streitfragen, bei denen es um noch nicht geklärte rechtliche Grundsatzfragen geht, befasst sich der Ombudsmann nicht. Dafür sind die Gerichte zuständig. Läuft eine Verjährungsfrist, ist sie so lange ausgesetzt, wie die Bearbeitung der Beschwerde dauert.
 

Die Entscheidung der Ombudsleute

 
Bei der Ombudsstelle für Versicherungen wie auch bei anderen Schlichtungsstellen gilt: Eine Schlichtung muss aufgrund der vorliegenden Unterlagen möglich sein. Diese Stellen nehmen keine Beweise auf oder befragen Zeugen.
 
Nachdem sie geprüft haben, schätzen die Verssicherungsombudsleute die Fälle ein und suchen mit den Beteiligten nach Lösungen. Die Mehrzahl der Beschwerden entscheiden sie in etwa drei Monaten. Komplizierte Fälle können etwas länger dauern.
 
Bei einem Streitwert von bis zu 10.000 Euro muss sich die Versicherung an die Entscheidung des Ombudsmannes halten. Das ist der weitaus größte Teil. Denn neun von zehn Beschwerden liegen unter dieser Grenze. Bei Streitwerten darüber  bis zu 80.000 Euro spricht der Ombudsmann Empfehlungen aus. In aller Regel akzeptieren die Versicherer seine Entscheidungen und Schlichtungsvorschläge.
 
Der Verbraucher muss die Entscheidung des Ombudsmannes, egal wie sie ausfällt, nicht akzeptieren. Der Weg zum Gericht steht immer offen.
 
Auch unserer Beispielfamilie wurde geholfen: Der Versicherungsombudsmann entschied für die Versicherungsnehmer. In seinen Augen lag keine Fahrlässigkeit vor, denn die Frau hatte den Garten und die Laube nicht unbeaufsichtigt gelassen. Die Versicherung musste Schadenersatz leisten.

Das Wort "ombud" stammt aus dem Altnordischen und bedeutet Vollmacht. Die Institution des Ombudsmannes hat ihre Ursprünge in Schweden. Im 19. Jahrhundert hatte das dortige Parlament einen "Ombudsman" – Treuhänder – eingerichtet, der die Bürger vor behördlicher Willkür schützen sollte. In Deutschland wurde das Modell des Ombudsmanns (oder der Ombudsfrau) Mitte des 20. Jahrhunderts bekannt.

Inhaltsverzeichnis
Nach oben