Jungs fehlt es an männlichen Vorbildern. So lautet kurz gefasst die These, die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder vertritt. Deswegen setzt sie sich politisch dafür ein, dass mehr Männer als Erzieher in Kindertagesstätten (Kitas) arbeiten. Sie startete dazu im vergangenen Jahr das Modellprojekt "Mehr Männer in Kitas". Rund 13 Millionen Euro stehen dafür in den nächsten drei Jahren bereit.
Bei einem Besuch in der Bundeswehrfachschule Berlin-Gatow freute sie sich über die erfolgreiche Ausbildung ausscheidender Soldaten zu Erziehern. Männliche Fachkräfte seien in Kitas hoch geschätzt, so die Ministerin. Aber ihr Anteil sei noch viel zu niedrig. Die Quote soll in den kommenden Jahren deutlich steigen. Die Bundeswehr leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
Bei einem Besuch in der Bundeswehrfachschule Berlin-Gatow freute sie sich über die erfolgreiche Ausbildung ausscheidender Soldaten zu Erziehern. Männliche Fachkräfte seien in Kitas hoch geschätzt, so die Ministerin. Aber ihr Anteil sei noch viel zu niedrig. Die Quote soll in den kommenden Jahren deutlich steigen. Die Bundeswehr leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
Bundeswehr als Vorreiter
Soldaten auf Zeit (SaZ), die mindestens acht Jahre Dienst in der Bundeswehr geleistet haben, können sich zu Erziehern ausbilden lassen. Der Wechsel von der Truppe in die Kita-Gruppe scheint nur auf den ersten Blick ungewöhnlich.
"Die Bundeswehr bildet schon seit den 70er-Jahren ausscheidende Soldaten zu Erziehern aus", sagt der schulfachliche Referent des Bundesamtes für Wehrverwaltung, Jürgen Reiß. Die Bundeswehrfachschule in Köln habe damals den Anfang gemacht.
Berlin-Gatow bietet die dreijährige Ausbildung mit dem Abschluss zum staatlich anerkannten Erzieher seit 1998 an. Derzeit absolvieren sie 150 ehemalige Soldatinnen und Soldaten; unter ihnen sind 136 Männer. Damit liegt der Ausbildungsanteil deutlich über der aktuellen Erzieherquote im Berufsalltag.
Die Soldaten an der Berliner Bundeswehrfachschule kommen aus ganz unterschiedlichen militärischen Teilen der Bundeswehr. Im Durchschnitt sind sie 27 bis 37 Jahre alt.
Die richtige Berufswahl
Einer von ihnen ist Christian Kuhle. Er hat die Ausbildung bereits 2008 abgeschlossen und arbeitet heute als Erzieher in einer Kreuzberger Kindertagesstätte. Als die Bundesministerin bei ihrem Besuch fragt, ob jemand jemals diese Berufswahl bereut habe, antwortet auch er klar mit "Nein".
Im Gegenteil: Der ehemalige Oberstabsgefreite und Fernmelder übt seinen Beruf mit Herz und Seele aus. "Die Akzeptanz bei den Kollegen, den Eltern und vor allem bei den Kindern ist sehr groß", sagt er. Es tue den Kindern spürbar gut, wenn auch männliche Erzieher sie betreuten. Diese Erfahrung teilt er mit anderen bereits berufserfahrenen ehemaligen Kameraden und Kita-Leiterinnen, die an dem Gespräch mit der Familienministerin teilnehmen.
Von der Kaserne in den Kindergarten
Was aber bewegt einen Soldaten dazu, sich für eine Erzieherausbildung zu entscheiden? Die Motive sind so unterschiedlich wie individuell.
"Ich bin selbst Vater von drei Kindern und mir hat der Umgang mit ihnen immer viel Freude gemacht", sagt Jürgen Schwartz, einer der dienstältesten Kita-Mitarbeiter. Oder Alexander Müller, der noch in der Ausbildung steckt und sagt: "Ich war in der Bundeswehr als Ausbilder tätig. Manchmal musste man da ja auch die jungen Soldaten regelrecht an die Hand nehmen."
Wie er sind einige der Meinung, dass die Bundeswehr ihnen wertvolle Erfahrungen für den neuen zivilen Beruf gegeben hat. Auch Eva Steinert, Leiterin der Berliner Kita "Drei-Käse-Hoch" bestätigt, dass ehemalige Bundeswehrsoldaten häufig sehr gut für die Erziehungsarbeit geeignet sind. Sie zeichneten sich aus durch hohes Verantwortungsbewusstsein, fürsorgliches Verhalten und die Freude am Umgang mit Menschen.
Anspruchsvolle Ausbildung
"Unsere Absolventen kommen als gute Soldaten und gehen als gute Erzieher", fasst Schulleiter Michael Möge zusammen. Die dreijährige Ausbildung sei anspruchsvoll und fordernd. "Wir setzen auf die hohe Motivation unserer Lehrgangsteilnehmer."
Neben dem pädagogischen Teil umfasst die Ausbildung praktische handwerkliche Tätigkeiten in hauseigenen Werkräumen und insgesamt 44 Wochen Praktika in Kindertagesstätten, Heimeinrichtungen oder auch Schulen. Auch die Arbeit mit behinderten Kindern gehört zum Lehrgang. Zusätzlich sind Wahl-Pflichtmodule zu absolvieren, die den Lehrstoff abrunden und spezielle Fähigkeiten ausbilden.
Theorie und Praxis werden eng verknüpft. Die Schule ist deshalb dicht vernetzt mit Kinderbetreuungseinrichtungen in den Berliner Bezirken und umliegenden Kommunen.
Schwieriger Start, aber gute Aussichten
Trotz der guten Erfahrungen ist der Weg zum männlichen Erzieher für viele nach wie vor nicht einfach. Verbreitet herrschten noch immer ein veraltetes Berufsbild und ein tradiertes Rollenverständnis vor. Auch die gesellschaftliche Wertschätzung für soziale Berufe sei nach wie vor gering, was sich auch in der relativ niedrigen Bezahlung zeige, räumt Ministerin Schröder ein.
Dennoch: Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind gut. Mehr als die Hälfte der Absolventen der vergangenen Jahre konnte noch während der Ausbildung einen Arbeitsvertrag abschließen; spätestens 18 Monate nach Abschluss lag die Vermittlungsquote bei 100 Prozent.
Auch für die Zukunft sind die Berufsaussichten günstig. Kinderbetreuungsangebote sollen bundesweit ausgebaut werden. Der Bedarf an Vollzeitstellen für Erzieher wird für die kommenden Jahre auf rund 40.000 geschätzt. Dabei soll die Männerquote auf bis zu 20 Prozent anwachsen; derzeit sind es gerade einmal gut zwei Prozent.