Der Europäische Rat stärkt mit dem am 24. und 25. März beschlossenen Gesamtpaket die Wirtschafts- und Währungsunion. Wesentliche Ziele sind stabilere Staatsfinanzen und wettbewerbsfähigere Volkswirtschaften im Euroraum.
Wirtschafts- und Währungsunion
Mit der Unterzeichnung des EG-Vertrags ("Maastricht-Vertrag") am 7. Februar 1992 verpflichteten sich die damals 12 EU-Partner, bis spätestens Anfang 1999 schrittweise eine Wirtschafts- und Währungsunion zu verwirklichen.
Die WWU trat mit der dritten Stufe und der Einführung des Euro als gemeinsame Währung (zunächst als Buchgeld) am 1. Januar 1999 in Kraft. Bereits in der ersten Stufe der WWU 1990 vereinbarten die EU-Mitgliedstaaten, sich stärker auf die Erfordernisse der Preisstabilität und Haushaltsdisziplin auszurichten. Die Fachleute sprechen von besserer wirtschaftlicher Konvergenz.
Der am 01. Dezember 2009 in Kraft getretene Vertrag von Lissabon erklärt die Errichtung der WWU mit dem Euro als Währung zum expliziten Ziel (Artikel 3) der EU.
Er stärkt das Ziel der Preisstabilität und betont den Vorrang der Preisstabilität im Rahmen der Währungspolitik.
Die 17 Euroländer: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien (1999), Griechenland (2001), Slowenien ( 2007), Malta, Zypern (2008), Slowakei (2009), Estland (2011).
Weitere Informationen
Das Gesamtpaket bringt die Grundwerte Eigenverantwortung und Solidarität, zu denen alle Mitgliedstaaten verpflichtet sind, in ein ausgewogenes Verhältnis.
Die Ziele sind
- Mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) den Euro festigen.
- Mit der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (SWP) und neuen Vorschriften für die nationalen haushaltspolitischen Rahmen und einer neuen Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte die Schulden der Mitgliedsstaaten verringern.
- Mit dem Euro-Plus-Pakt die Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Dafür stimmen die EU-Staaten künftig ihre Finanz- und Haushaltspolitiken stärker ab. Das fördert die Integration in der EU.
Merkel: "Euro besteht Bewährungsprobe"
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Brüssel, mit der Verabschiedung des umfangreichen Euro-Rettungspaketes habe die Gemeinschaftswährung eine erste wichtige Bewährungsprobe bestanden. Die Beschlüsse zur Verschärfung des Stabilitätspakets und die Einrichtung eines dauerhaften Euro-Rettungsschirms ab 2013 seien das "politische Signal an die Märkte, dass die EU-Staaten stärker zusammen wachsen wollen".
Europäischer Stabilitätsmechanismus
Beim dauerhaften ESM hat Deutschland seine zentralen Kernanliegen durchgesetzt:
- Hilfen des ESM gibt es nur, wenn sie zur Stabilisierung der Eurozone insgesamt unabdingbar sind.
- Alle wichtigen Entscheidungen müssen einstimmig erfolgen.
- Als Gegenleistung für die Hilfe müssen die Staaten strikten Anpassungsprogrammen zustimmen (keine Finanzhilfe ohne Eigenleistung).
- Wer um Hilfe bittet, muss auch private Gläubiger einbeziehen (Umschuldungsklauseln).
Der ESM löst ab 2013 den provisorischen Euro-Rettungsfonds "European Financial Stability Facility" (EFSF) ab. Die Eurostaaten statten ihn mit 700 Milliarden Euro aus, effektiv stehen bis zu 500 Milliarden Euro für Kredite zur Verfügung.
Schärfere Haushaltsdisziplin in Mitgliedstaaten
Ein weiterer wichtiger Teil des Gesamtpakets ist die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die EU-Staaten müssen mittelfristig einen nahezu ausgeglichenen Haushalt oder sogar einen Überschuss erreichen.
Ab sofort sind das staatliche Defizitziel und der Schuldenstand gleichwichtige Kriterien. Bei Verstößen greifen automatische Sanktionen. So müssen Staaten mit einem Schuldenstand von mehr als 60 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts diesen Überschuss um fünf Prozent jährlich abbauen. Diese strenge Regel betrifft aktuell auch Deutschland.
Zudem gibt es ein neues Verfahren zur Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte. Dies konzentriert sich auf Staaten mit großen Leistungsbilanzdefiziten und Verlust an Wettbewerbsfähigkeit.
Ernsthaften Konsequenzen bei Verstößen
Mit ernsthaften Konsequenzen muss rechnen, wer dieser Verantwortung nicht nachkommt. Künftig kann die EU Sanktionen nicht erst im Defizitverfahren verhängen.
Sanktionen bedürfen zudem im Rat keiner Bestätigung durch eine qualifizierte Mehrheit mehr. Stattdessen kann sie nur eine qualifizierte Mehrheit verhindern.
Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP)
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist die Klammer für die nationalen Wirtschaftspraktiken der EU-Mitgliedstaaten. Er soll sicherstellen, dass sie auch nach Einführung des Euro ihre Bemühungen um Haushaltsdisziplin fortsetzen. Den SWP müssen alle 27 Mitgliedsstaaten und nicht nur die Euro-Staaten einhalten.
Referenzwerte für Haushaltsdefizit und Schuldenstand
Die zentralen Anker der haushaltspolitischen Überwachung sind die Referenzwerte von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das Haushaltsdefizit und von 60 Prozent des BIP für den Schuldenstand.
Daraus folgen Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten, um die Ziele - Haushaltsdisziplin sowie Vermeidung übermäßiger Defizite - umzusetzen:
So genannter "präventiver Arm"
- Jährlich legen sie in ihren Stabilitätsprogrammen (Euroländer) oder Konvergenzprogrammen (Mitgliedstaaten, deren Währung bislang nicht der Euro ist) ihre Politik zur Erreichung dieser Ziele dar. Das deutsche Stabilitätsprogramm erstellt das Bundesfinanzministerium. Die Analyse dieser Programme soll möglichst frühzeitig verhindern, dass übermäßige öffentliche Haushaltsdefizite entstehen. Sie soll außerdem die Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitik fördern.
- Jeweils vor dem 1. April und dem 1. Oktober übermitteln die Mitgliedstaaten die erwarteten Defizit- und Schuldenstände des laufenden Jahres an die EU (so genannte "Maastricht-Meldung").
So genannter "korrektiver Arm"
Hält ein Mitgliedstaat die Haushaltsdisziplin nicht ein und liegt ein übermäßiges Defizit vor, greift der "korrektive Arm". Von konkreten Politikempfehlungen bis hin zu Geldbußen steht ein differenziertes Instrumentarium zum Abbau des übermäßigen Defizits zur Verfügung.
Euro-Plus-Pakt - Nationale Maßnahmen für mehr Wettbewerb
Auf eine deutsch-französische Initiative verpflichteten sich die Staats- und Regierungschefs im Euro-Plus-Pakt, die nationalen Wirtschaftspolitiken stärker zu koordinieren. Mit vergleichbaren Bedingungen soll die Wettbewerbsfähigkeit des Euro-Raums insgesamt steigen.
"Damit unterstreichen wir, dass die Mitgliedstaaten die Eigenverantwortung für die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften tragen", so die Bundeskanzlerin Ende März in Berlin.
Neben den 17 Euro-Mitgliedern machen auch Polen, Bulgarien, Dänemark, Rumänien, Malta und Zypern mit. Alle EU-Staaten können beitreten.
Alle müssen mehr tun
Für Merkel steht fest, dass alle Euro-Staaten mehr tun müssen, um wettbewerbsfähiger zu werden. Maßstab seien nicht nur die Besten in Europa, sondern die Besten der ganzen Welt, so die Bundeskanzlerin.
Neues Denken
Deutschland hat sehr viel erreicht, auch wenn es nicht alle seine Forderungen durchsetzen konnte.
Die Bundeskanzlerin in Brüssel: "Auch das gesamte Denken in vielen Mitgliedstaaten hat sich verändert." Anerkannt sei, "dass bei den Schwierigkeiten, die Europa hatte, auch eigene Probleme eine Rolle gespielt haben und dass man durch Strukturreformen – das sind nicht nur Budgetreformen - hier wirklich etwas verändern kann", führte Merkel weiter aus.
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